Alina Gause
Als ich 8 Jahre alt war, entdeckte ich das Klavier für mich und begann zeitgleich, Lieder zu schreiben. Damit war (in meiner Terminologie) die „zweite Person“ in mir – die kreative – geboren. Ich sang und spielte, drehte schon als Kind Filme – es war meine Welt.
Mit 14 wurde ich ausgewählt, in der Berliner Waldbühne neben Konstantin Wecker, Udo Lindenberg, Spliff und Mercedes Sosa zu singen und vertrat als 19-Jährige Deutschland als Finalistin im „Second Golden Kite World Song Festival“ in Malaysia. Ich sang, spielte und schrieb und wusste nichts von einem Markt, den Künstler bedienen müssen, wenn sie davon leben möchten. Mein einziges Interesse galt der Frage, wie ich besser werden konnte.
Und so machte ich meine Ausbildung in Tanz, Gesang
und Schauspiel in Berlin – viereinhalb Jahre.
Foto: Sabine Hillbrand
Ich hatte besser werden wollen und war nebenbei zu einem Beruf gekommen, den ich u.a. am Maxim Gorki Theater und dem Theater des Westens in Berlin, in Stuttgart und Freiburg, in Film–, Fernseh- und Studioproduktionen ausübte. 15 Jahre singen, tanzen und spielen, wovon zu wenige Stunden das für mich bereithielten, was ich mir von Kunst erwartet hatte. Es war irritierend: die Häuser, die Rollen und die Gagen wurden größer, aber meine Zufriedenheit nicht. Ich musste etwas ändern, aber ich wusste nicht wie.
Ich hatte bereits am Ku-Damm Theater einen Solo-Abend gespielt – allerdings nach Cocteau und mit Jazzstandards. Ich entschied, mich nun zu wagen, mit Texten und Musik aus meiner eigenen Feder aufzutreten. Und siehe da: das Haus war kleiner, die Gage auch, aber die Zufriedenheit war größer. Aus dieser Erkenntnis folgten einige Weichenstellungen.
Ich studierte Psychologie, schrieb parallel dazu eigene Bühnenshows und gründete eine Familie.
Was ich in 20 Jahren vor, hinter und auf der Bühne, beim Film und in den Studios erlebt hatte, konnte ich mit dem psychologischen Hintergrundwissen nun in einen Gesamtzusammenhang bringen.
Mir stand als Diplompsychologin ein Instrumentarium zur Verfügung, das ich dazu nutzte, ein Beratungskonzept für kreative Prozesse und Persönlichkeiten zu entwickeln.
Ich veröffentlichte mein erstes Buch („Warum Künstler die glücklicheren Menschen sein könnten“) und richtete 2009 „a.way – Beratung für Kreative“ in Berlin ein. Ich hielt Vorträge darüber, warum ich Künstlerinnen und Künstler für eine Modernisierungsavantgarde halte. Was meiner Ansicht nach falsch und ungut läuft in der Kreativbranche. Was es mit Scham und Verwundbarkeit auf sich hat. Ich veröffentlichte Artikel und Kolumnen dazu. Wurde interviewt, wie man Träume verwirklicht. Und schrieb ein zweites Buch: „Kompass für Künstler“ (Springer Verlag). 2016 kam ein Lehrauftrag an der Universität der Künste hinzu.
Am 4. Mai 2021 erschien mein drittes Sachbuch „Anbieten ohne Anbiedern – Selbstmarketing für Kreative“ (Springer Verlag), das ins Englische übersetzt und 2022 unter dem Titel „Presenting Without Pandering – Self-Marketing for Creatives“ (Springer Verlag) veröffentlicht wurde.
Und dann erhielt ich das Angebot, die Leitung des THEATER IM PALAIS BERLIN zu übernehmen. Die Entscheidung fiel mir anfangs schwer, hatte ich doch ein erfolgreiches Unternehmen, das ich unbedingt weiterführen wollte. Gleichzeitig reizte mich die Möglichkeit, die Kulturszene Berlins an der Spitze eines Theaters mitten in der Hauptstadt mitzugestalten.
Ich sagte schließlich zu und übernahm am 1. Juli 2022 die Intendanz des THEATER IM PALAIS BERLIN, behielt aber zugleich meine Beratungstätigkeit bei.
Als Intendantin und künstlerische Leiterin des Hauses am Festungsgraben setze ich alles daran, unserem Publikum ein anspruchsvolles und unterhaltsames Programm zu bieten, das sich durch die Einbindung von Musik in die Produktionen und den Fokus auf Berlin auszeichnet.
Parallel biete ich als Diplompsychologin nach wie vor Künstlerberatung an – sowohl für Einzelpersonen als auch für Teams und Institutionen. Zugleich habe ich mich auf die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen in der Kreativbranche spezialisiert.
Ob daneben noch Zeit für die eigene Kunst bleibt? Ja!
Am 26. Mai 2023 veröffentlichte ich unter meinem Künstlernamen Alina Lieske mein Musikalbum „Winter im Mai“ mit 11 sehr persönlichen Songs aus meiner Feder (Text und Musik), entstanden in einer Schaffensperiode von fast 40 Jahren. Einen Monat später folgte die englischsprachige Version „Winter in May".
Zudem stehe ich als Schauspielerin und Sängerin in diversen Produktionen des THEATER IM PALAIS BERLIN selbst auf der Bühne, führe in anderen Regie und schreibe als Autorin für das Theater. Das jüngste Stück, bei dem Text, Komposition und Inszenierung von mir stammen, feierte am 26.10.2024 Premiere: „100 TAGE – Eine musikalische Komödie über den Ernst des Lebens".